Hallo Foris, insbesondere Jens, weil das Thema auf Dich zukommt.
In
Tarifverträgen ist häufig eine Zuzahlung für Arbeitsplatzbrillen vereinbart. Auch in den
Richtlinien Deiner Berufsgenossenschaft steht einiges zu diesem Thema. Diese in vielen Tarifverträgen gewährten Zuzahlungen zu Arbeitsplatzbrillen sind allerdings in aller Regel vor Inkrafttreten der sogenannten
Bildschirmarbeitsplatzverordnung verhandelt worden. Trotzdem sind sie nicht ganz wertlos, weil manche Dinge, z.B. Handhelds für die Materialerfassung oder Auftragsabwicklung nicht als Bildschirme im Sinne der Bildschirmarbeitsplatzverordnung gelten. Unter Umständen fallen diese Displays aber unter die Bestimmungen des Tarifvertrages. (Das ist im Einzelfall sehr unterschiedlich)
Nach Inkraft treten der Bildschirmarbeitsplatzverordnung muss jeder größere Arbeitgeber den BildschirmarbeiterInnen eine Sehhilfe bei der Bildschirmarbeit vollumfänglich bezahlen.
Der Streit bricht aber wahrscheinlich los, wenn es um die Frage geht, welche Brille (Ein- oder Mehrfokal), aus welchem Material (Glas/Kunstoff) mit welcher Beschichtung und Schlifftechnik (Dünnschliff) angeschafft werden soll. Verständlich, dass wir als Beschäftigte eine möglichst 'gute' Brille haben wollen und dass die Chefs möglichst wenig Geld ausgeben wollen. Grundsätzlich solltet ihr Euch da nicht über den Tisch ziehen lassen, denn der Arbeitgeber ist hier verpflichtet, die sogenannten neuesten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse, zumindestens aber die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zu beachten.
Wenn Ihr einen guten Betriebsrat habt, dann hat der vielleicht schon eine für Euch günstige Regelung im Rahmen einer Betriebsvereinbarung durchgesetzt. Am besten fragen.
Ganz grundsätzlich ist es so, dass jüngere Menschen (unter 45 Jahren) mit einer stinknormalen Einstärkenbrille auskommen. Für diese Menschen stellt sich die von Horst aufgeworfene Problematik nicht.
Bedauerlicherweise setzt aber ab einem gewissen Alter zusätzlich zu einer möglicherweise vorhandenen Fehlsichtigkeit die sogenannte Altersichtigkeit (Presbyopie) ein, weil die Akkommodationsfähigkeit im Laufe des Lebens immmer weiter nachlässt. (oh je, diese schwierigen Wörter musste ich erst nachschlagen) Nur diese Leute brauchen in der Regel und je nach Ausprägung der Alterssichtigkeit eine Mehrfokalbrille. Nicht jeder möchte aber mit einer altmodisch wirkenden Bifokal- oder Trifokalbrille herumlaufen. Deswegen (und weil man damit Auto fahren kann) wird gerne zu einer sogenannten Gleitsichtbrille gegriffen. Dieser Brillentyp ist aber für die Bildschirmarbeit gänzlich ungeeignet. (Wir reden hier nicht vom nur gelegentlichem Arbeiten am Bildschirm sondern vom mehrstündigen Verweilen vor dem Monitor)
Warum das so ist, wird vielleicht an dieser schematischen Übersicht klar, die ich heute erstellt habe:

- comp_Gleitsicht- und Officebrille.jpg (259.51 KiB) 1994 mal betrachtet
Im ersten Bild sieht man, dass eine Gleitsichtbrille eigentlich eine bifokale Brille ist, die durch eine besondere Schlifftechnik mit einer mehr oder weniger stufenlosen Übergangszone versehen ist. Dieser Übergangsbereich ist leider nicht nur in der vertikalen Ebene recht stark eingeschränkt sondern auch in der Horizontalen. Der Grund hierfür ist, dass man mit so einer Brille gut autofahren (Abstand unendlich) und gut lesen können soll (Abstand 30-40 cm), weshalb diese beiden Bereiche relativ groß sind. Siehe dazu Bild 2.
Auf den Webseiten von Fielmann fand ich dazu folgende Formulierung, in der argumentiert wird, dass die angeblich nur geringe "Unschärfe im Randbereich der Gleitsichtgläser (...), die von den meisten Brillenträgern kaum bemerkt und
intuitiv durch seitliche Kopfbewegungen ausgeglichen wird."
Genau das war ja Horstens Eigangsproblem (Nicken und Verneinen).
Aufgrund der geringen Entfernung von Monitoren ist dieser PC-Bereich gegenüber der gesamten Übergangszone nochmal kleiner. Die Folge davon ist, dass man den Kopf sehr präzise 'einrasten' lassen muss, um gut sehen zu können. Infolge dieser unnatürlichen Kopfhalten kommt es in etlichen Fällen zu Langzeitschäden und ergheblichen Kopfschmerzen, die nur relativ aufwendig behandelt werden können und noch häufiger nicht ordentlich diagnostiziert werden. (Bild 3)
Eine sogenannte Officebrille (auch Raumgleitsichtbrille oder Raumcomfortbrille oder noch anders bezeichnet), ist hier eindeutig die wesentlich bessere Wahl. Der Bereich, in dem typischerweise der Monitor stehen sollte, ist ganz ergeblich größer und man kann den Kopf freier bewegen.
Der Nachteil einer Officebrille besteht natürlich darin, dass man (abhängig vom Glashersteller bzw. Schliff) jenseits von 1,5 bis 3 m nicht mehr scharf sehen kann. Damit kann man aber besser leben als mit den Folgeschäden bei Gleitsichtbrillen.
Aber auch bifokale, trifokale Brillen oder Kontaktlinsen können die Sehhifel Eurer Wahl sein. Das hängt von den individuellen Gegebenheiten ab.
Mehr zum Thema gerne.
Beste Grüße, Wolfgang