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Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Montag 26. Dezember 2011, 13:57
von Dietmar
Hallo und noch einen schönen 2. Weihnachtsfeiertag!
Interessiere mich für die technischen Möglichkeiten, insbesondere im Moment für die Bildschärfe von Digitalkameras.
Dazu habe ich die TZ8 näher untersucht:
Nach techn. Datenblatt besitzt der eingesetzte Sensor eine Breite von 5,7 mm und eine Diagonale von 7,1 mm. Damit berechnet sich ein Pixelabstand auf dem Sensor von 1,43 µm und der Durchmesser des Zerstreuungskreises zu 4,7 µm.
Bei einer Teleaufnahme mit der Brennweite von 49,2 mm (300 mm(KB)) und einer Blendenzahl von 4,9 erhält man für den Radius des Beugungsscheibchens 1. Ordnung: 3,4 µm.
Nach dem Rayleigh-Kriterium ergibt sich für das Objektiv eine Auflösung von:
138 x 4,9 / 49,2 = 13,7" (Bogensekunden) und damit ein Abstand von 3,3 µm
auf dem Sensor (dem Radius des Beugungsscheibchens), also etwas mehr als 2 Pixel.
Bei einer Testaufnahme (ISO 80, Stativ) wurde aus einer Entfernung von 26 m ein Zollstock aufgenommen. Dabei sollten: 26 m x 13,7" = 1,7 mm noch getrennt wahrgenommen werden.
Das folgende Bild zeigt die Testaufnahme.
Habe ich richtig gerechnet? Sind damit die Grenzen der Kamera/des Objektivs erreicht? Läßt sich diese Betrachtungsweise auf andere Kameras mit entsprechenden Objektiven übertragen?
Gruß
Dietmar
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Montag 26. Dezember 2011, 14:57
von Lenno
Äh meinst du wirklich 26 m? oder nicht eher 26cm, denn dann stimmt deine Rechnung nicht.
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Montag 26. Dezember 2011, 15:10
von Dietmar
Es sind tatsächlich 26 Meter! Wo ist der Rechenfehler?
1,7 mm / 26000 mm = 6,53E-5 rad | x 180/pi
= 3,74E-3 ° | x 60
= 0,224 ' | x 60
= 13,4 " Winkelsekunden
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Montag 26. Dezember 2011, 15:53
von WinSoft
Ich hätte folgende Bemerkungen zur Diskussion gestellt:
1) Wie groß ist die reale Vergrößerung der Testaufnahme aus 26 m? Volle Größe oder Ausschnitt bei wieviel %?
2) Bei solchen Entfernungen spielen sensor/kameraferne Einflüsse durchaus eine erhebliche Rolle: Verwacklung, Luftunruhe, ungenauer Fokussierpunkt
3) Die Abbildungsqualität der vergleichsweise billigen Panasonic-Objektive gehören sicher nicht zur obersten Weltklasse. Durchschnittsobjektive haben rund 2 Blenden unter der vollen Öffnung meist ihr Optimum. Bei welcher Blende wurde die Aufnahme gemacht?
Ich denke, dass Sensor und vor allem das Objektiv überfordert sind und wir uns mit deutlich geringeren Leistungen zufrieden geben müssen. Wir erwarten schlicht zu viel!
Denn aus 26 m Entfernung ein wirklich stark vergrößerungsfähig scharfes Foto zu erhalten, benötigt man üblicherweise außer einem niedrigen, schwingungsfreien Holzstativ und elektrischem Fernauslöser bei absoluter Luftruhe und hoch transparenter Atmosphäre ein APO-Objektiv der absoluten Weltklasse auf großen Sensoren mindestens der KB-Vollformatklasse, wenn nicht sogar Mittelformat, bei optimaler Blende.
Da ist die Auswahl auf dem Weltmarkt ziemlich dünn...
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Dienstag 27. Dezember 2011, 11:35
von Dietmar
@WinSoft: Hallo der Herr,
vielen Dank für die kritischen Anmerkungen!
In meinem Beitrag und dem Test der TZ8 habe ich nicht erwartet, dass diese Kamera unter diesen Bedingungen ein perfekt scharfes Foto liefert. Ich wollte eigentlich nur die Grenzen ausloten und überprüfen, inwieweit die Kamera-Eigenschaften mit den theoretischen Werten übereinstimmen.
In der Aufnahme sollte man nämlich die Millimeter-Teilung des Zollstocks noch erkennen können, wenn man vom Auflösungsvermögen des Objektivs, wie oben berechnet, ausgeht: 13,7 Bogensekunden, entsprechend 1,7 Millimeter in 26 Meter Entfernung.
Das obige Bild wurde mit der größtmöglichen Blendenöffnung f/4,9 gemacht und anschließend ausschnittsvergrößert, wobei ich die reale Vergrößerung nur schwer angeben kann.
Nachträglich ist mir nun aufgefallen, dass der Objektivauflösung von 13,7", entsprechend 3,4 µm auf dem Sensor, nur etwas mehr als 2 Pixel entsprechen. Eine weitere Vergrößerung mit IV zeigt eine Pixelstruktur des Bildes, wie unten gezeigt. Die Zentimeter-Teilung ist erkennbar, die 5-Millimeter-Teilung gerade noch.
Danach wird die Auflösung der Kamera offenbar nicht durch das Objektiv, sondern durch die Auflösung des Sensors bestimmt.
Es wäre interessant, in dieser Weise auch andere Kameras mal zu betrachten!
Mit freundlichem Gruß
Dietmar
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Mittwoch 28. Dezember 2011, 15:37
von Dietmar
Nach diesen Erkenntnissen habe ich noch einen weiteren Versuch unternommen:
Ausgehend von einem Pixelabstand von 1,4 µm auf dem Sensor der TZ8, habe ich angenommen, dass zur Strukurauflösung mindestens 3 Pixel erforderlich sind. Dies ergibt eine Bildgröße auf dem Sensor von 4,3 µm.
Daraus erhält man in einem Abstand von 26 Metern eine Gegenstandsgröße von: 26000 mm / 49,2 mm x 4,3 µm = 2,3 mm.
Eine Aufnahme eines entsprechenden Strichmusters mit einem Linienabstand von 2,5 mm aus einer Entfernung von 26 m ergibt das folgende Bild. Das nächste Bild zeigt eine starke Vergrößerung bis in den Pixelbereich. Die 3-Pixel-Struktur ist gut zu erkennen.
Ich bin von der Abbildungs-Qualität des Objektivs überrascht. Der Sensor könnte in diesem Zusammenhang etwas bessere Eigenschaften haben.
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Mittwoch 28. Dezember 2011, 16:35
von wozim
Hallo Dietmar,
ich finde Deine Betrachtung sehr interessant.
Allerdings habe ich mit deinen "Beweisbildern" meine Probleme.
Dein optisch-mathematischer Ansatz ist ja richtig.
Aber nachweisen kann man das meiner Meinung nach nur unter "Laborbedingungen" mit exakt festgelegten Randbedingungen.
(Schwingungsfreie optische Bank, konstante Temperatur, definierte Luftfeuchtigkeit und exakter, genau definierter Farbtemperatur)
Deine Aufnahmen erfüllen keine dieser Kriterien und erreichen daher nicht annähernd die theoretischen Möglichkeiten.
WinSoft deutet es ja schon an: Im aktiven Einsatz dürfen wir nicht diese theoretischen Werte erwarten.
Ich würde das mehr als Feldversuch werten, und damit letztendlich sogar als wichtiger als alle theoretischen Betrachtungen.
Und da ist die Spannweite, abhängig von den o.g. Randbedingungen sehr groß, so dass unter verschiedenen Bedingungen auch verschiedene Ergebnisse zu erwarten sind.
Gruß Wolfgang
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Freitag 30. Dezember 2011, 13:34
von Dietmar
Hallo Wolfgang,
vielen Dank für Deine kritischen Anmerkungen! Wie Du schreibst, hast Du Probleme mit den "Beweisbildern" und würdest Aufnahmen unter "Laborbedingungen" machen. Aber darauf kam es mir nicht an. Ich wollte sehen, wie es im praktischen Alltag aussieht.
Ein Physiker geht da halt anders vor: Er fängt an zu überlegen und zu rechnen und erhält damit einen Überblick über die wesentlichen Einflußgrößen und die physikalischen Zusammenhänge. Genau das habe ich zunächst gemacht. Hier nochmal die Ergebnisse in einer Zusammenfassung:
Kamera TZ8
Objektivbrennweite 49,2 mm (300 mm KB)
Blendenzahl 4,9
Sensorbreite 5,7 mm (1/2,33"-Sensor)
Sensorbreite im Pixelmaß 4000 px
Damit erhält man:
- Pixelabstand: 5,7 mm / 4000 = 1,43 µm
- Sensorauflösung: 2 x Pixelabstand / Brennweite = 2 x 1,43 / 49200 rad = 12,0"
- Objektivauflösung (Rayleigh): 138 x Blendenzahl / Brennweite = 138 x 4,9 / 49,2 " = 13,7"
In einem "Feldversuch" wurde nun ein Siemens-Stern mit 32 Sektoren und einem Durchmesser von 141 mm aus einer Entfernung von 26 Meter aufgenommen. Aus dem Bild läßt sich ein Unschärfekreis von 20 mm bei einem Durchmesser von 190 mm auf dem Bildschirm ermitteln. Damit ergibt sich eine Auflösung von
pi / 32 x 20 / 190 x 141 mm = 1,46 mm, entsprechend 1,46 / 26000 rad = 11,6"
Eine bessere Übereinstimmung zwischen Rechnung und Messung kann man nicht erwarten. Ob andere Aufnahmebedingungen zu einem besseren Ergebnis führen, ist fraglich, da Objektivauflösung und Sensorauflösung etwa den gleichen Einfluß auf die Bildqualität haben. Was ich festgestellt habe: Einen wesentlichen Einfluß auf das Trennvermögen hat der Kontrast. Insofern sind es ideale Bedingungen. Die Beleuchtung dürfte auch noch eine Rolle spielen - heute ist ein trüber Tag.
Das zweite Bild zeigt in einer starken Vergrößerung die Pixelstruktur und bestätigt, dass zur Strukturauflösung - wie in der Rechnung angenommen - 2 Pixel erforderlich sind.
Vielleicht können andere TZ8-Besitzer einen ähnlichen Versuch machen und möglicherweise zu besseren Ergebnissen kommen, was ich allerdings (auch unter "Laborbedingungen") nicht erwarte.
Gruß
Dietmar
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Freitag 30. Dezember 2011, 13:59
von wozim
Hallo Dietmar,
wozim hat geschrieben:Wie Du schreibst, hast Du Probleme mit den "Beweisbildern" und würdest Aufnahmen unter "Laborbedingungen" machen.
Da haben wir uns missverstanden. Ich habe es gestern ja schon im Chat gesagt.
Ich meinte, du kannst die theoretischen Werte nur unter Laborbedingungen erreichen.
Dass du annähernde Werte auch unter "Feldbedingungen" erreichst, finde ich schon sehr beeindruckend.
Dietmar hat geschrieben:Die Beleuchtung dürfte auch noch eine Rolle spielen - heute ist ein trüber Tag.
Ein trüber Tag wirkt sich ja auch auf die "Transparenz" der Luft aus (leichte Lichtstreuung) , so dass du bei klarem, trockenem Wetter noch bessere Ergebnisse erziehlen wirst.
Eine insgesamt spannende Betrachtung.
Danke! Wolfgang
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Samstag 31. Dezember 2011, 14:53
von schalljensen
Hallo am Sylvester,
die oben dargestellten Berechnungen sind im Ansatz sicherlich richtig.
Was allgemein übersehen wird, ist die Problematik der Pixelzahl auf dem Sensor.
Bei einem 10MP Sensor ist diese Zahl zu dritteln, nämlich RGB! Das bedeutet, es
stehen für den Bildaufbau ja nur 10/3 ~ 3,3 MP zur Verfügung. (drei Pixel am Sensor ergeben
ein Pixel am Bild)Damit ändert sich auch der, schwer bestimmbare, Pixelabstand
auf dem Sensor und die daraus abgeleiteten Größen.
Guten Rutsch wünscht schalljensen
Ich hoffe nicht ganz daneben zu liegen.
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Sonntag 1. Januar 2012, 21:56
von Dietmar
Hallo zusammen,
zunächst wünsche ich allen alles Gute im Neuen Jahr mit vielen schönen Aufnahmen!
@schalljensen
Vielen Dank für die Anmerkung. Leider ist die Schlußfolgerung nicht ganz richtig.
Die Funktion des CCD-Bildsensors in der Digitalkamera ist technisch raffiniert ausgeklügelt: Er besteht zunächst aus der eigentlichen Sensorebene mit lichtempfindlichen Fotodioden, die aber nur Helligkeitswerte erfassen können. Um eine Farbinformation zu erhalten, ist eine Farbfilter-Ebene mit den Grundfarben Rot, Grün und Blau im Verhältnis 1:2:1 - eine sogenannte Bayer-Matrix - vor die Fotodioden gesetzt.
Das Prinzip besteht nun darin, dass durch Interpolation (demosaicing) aus 4 Sensorelementen die RGB-Anteile zu einem (imaginären) Pixel berechnet werden. Damit wird erreicht, dass der Pixelabstand gleich dem Diodenabstand ist, wie im folgenden Prinzipbild gezeigt.
Dies kann auch im oben beschriebenen "Feldversuch" bestätigt werden: Der Siemens-Stern mit einem Durchmesser von 141 mm wurde mit einer Brennweite von 49,2 mm aus einer Entfernung von 26 Metern aufgenommen. D.h. die Bildgröße auf dem Sensor ist:
49,2 mm / 26000 mm x 141 mm = 0,267 mm
Mit IV wurde für diesen Durchmesser aus der Aufnahme eine Pixelanzahl von 179 Pixeln ermittelt. Damit ergibt sich: 0,267 mm / 179 px = 1,49 µm/px für den Pixelabstand auf dem Sensor der TZ8, wie er aus den Angaben des technischen Datenblatts bereits berechnet wurde.
Gruß
Dietmar
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Montag 2. Januar 2012, 11:14
von schalljensen
Hallo Dietmar,
danke für die ausführliche Darstellung. Ich glaube jetzt endlich einmal
begriffen zu haben was da pixelmäßig eigentlich vor sich geht. Da war
ja meine Darstellung völlig daneben.
Schöne Grüße und Wünsche für ein gutes Jahr
von schalljensen
Re: Bildschärfe von Digitalkameras am Beispiel der TZ8
Verfasst: Montag 2. Januar 2012, 18:48
von Dietmar
In diesem Zusammenhang ist mir gerade folgender - nicht ganz ernst zu nehmender - Spruch eingefallen:
"Eine Digitalkamera besteht aus mehr Computer-Technik, als Lichtstrahlen durch das Objektiv fallen."
Gruß
Dietmar