Künstlerische Freistellung

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Papillon
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Künstlerische Freistellung

Beitrag von Papillon » Donnerstag 7. März 2013, 11:32

Ich stelle hier einmal bewußt eine provokative Behauptung zur Diskussion.
Die meiner Meinug nach in letzter Zeit überbewertete und übertriebene sogenannte künstlerische Freistellung ist doch häufig nur eine Ausrede für geringe Tiefenschärfe.
Oft wird der Hintergrund nur unscharf dargestellt, weil es halt möglich ist. Eine Aussage ist damit meist nicht verbunden.
Da wird eine versteinerte Koralle in den Sand gesteckt und und aus kurzer Entfernung fotographiert (Strand und Meer unscharf, Bildaussage Null), oder Blumenreihe im Vordergrund (Hintergrund unscharf, wahrscheinlich Garten und Schloss). Neulich habe ich in einem Kinofilm der in Venedig spielte fast nur Szenen mit unscharfem Hintergrund gesehen, könnte u. a. der Canale grande gewesen sein, und dabei hätte ich gerne mehr Bilder von Venedug gesehen.
Die Hintergrundunschärfe hätte man wahrscheinlich auch in ähnlicher Qualität bei der Nachbearbeitung erzeugen können.
Eine durch Objektiv und Sensorgröße bedingte geringere Tiefenschärfe dürfte dagegen schwieriger zu korrigieren sein.

Torsten68
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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Torsten68 » Donnerstag 7. März 2013, 12:17

Papillon hat geschrieben:Die meiner Meinug nach in letzter Zeit überbewertete und übertriebene sogenannte künstlerische Freistellung ist doch häufig nur eine Ausrede für geringe Tiefenschärfe. Oft wird der Hintergrund nur unscharf dargestellt, weil es halt möglich ist. Eine Aussage ist damit meist nicht verbunden.
Naja... für diese "Ausrede für geringe Tiefenschärfe" wird ein Haufen Geld bezahlt - nämlich für Glas mit möglichst großer Offenblende und für große Sensoren.
Ich sehe das nicht als Ausrede sondern als gestalterisches Stilmittel, welches ich auch bewusst einsetze. Das Objekt des Interesses vom Hintergrund zu lösen - eben freistellen, um den Blick darauf zu konzentrieren.
Papillon hat geschrieben: Da wird eine versteinerte Koralle in den Sand gesteckt und und aus kurzer Entfernung fotographiert (Strand und Meer unscharf, Bildaussage Null), oder Blumenreihe im Vordergrund (Hintergrund unscharf, wahrscheinlich Garten und Schloss).
Die Bildaussage ist: "schau auf die Koralle oder die Blumenreihe und lass Dich nicht vom Hintergrund ablenken".
Papillon hat geschrieben: Neulich habe ich in einem Kinofilm der in Venedig spielte fast nur Szenen mit unscharfem Hintergrund gesehen, könnte u. a. der Canale grande gewesen sein, und dabei hätte ich gerne mehr Bilder von Venedug gesehen.
Vermutlich um Deinen Blick auf das Geschehen zu fixieren und nicht auf die Umgebung - dafür gibts Naturdokus.
Papillon hat geschrieben: Die Hintergrundunschärfe hätte man wahrscheinlich auch in ähnlicher Qualität bei der Nachbearbeitung erzeugen können.
Eine durch Objektiv und Sensorgröße bedingte geringere Tiefenschärfe dürfte dagegen schwieriger zu korrigieren sein.
Ich habe die Sensorgröße und die große Offenblende meiner DSLR Ausrüstung nie als Nachteil gesehen - interessanter Gedanke. Immerhin kann ich bei einer 2,8er Offenblende noch abblenden aber bei 5,6 Offenblende nicht weiter aufblenden.
Für mich ist Hintergrundunschärfe / Freistellen ein Stilmittel - genau wie die Zeit, mit der ich Wasser "einfrieren" oder "wattieren" kann. Alles sollte bewusst eingesetzt werden.

Gruß
Torsten
OM-D E-M1 Mark II| M.ZUIKO 7-14 f/2.8 | M.ZUIKO ED 12-40mm f/2.8 | M.ZUIKO ED 40-150mm f/2.8 | M.ZUIKO ED 12-100mm f/4 | Lumix 100-400 f/4-6.3 | Laowa 7.5 f/2.0

Papillon
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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Papillon » Donnerstag 7. März 2013, 12:31

Teuers Glas hat ja auch noch andere Vorteile, die den Preis rechtfertigen.
Ich finde auch nur dass das mit der Freistellung insbesondre bei Kinofilmen maßlos übertrieben wird.
Hierbei fällt auf, dass insbesondere inhaltlich wertvolle Filme meistens ohne dieses Stilmittel auskommen.
Ich bestreite auch nicht, dass die Freistellung bei der Bildgestaltung auch sinnvoll eingesetzt werden kann.
Aber bei Fotos in vielen Zeitschriften oder bei vielen Hollywood-Filmen hat man oft den Eindruck, dass es nur gemacht wird weil es eben geht.

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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Binärius » Donnerstag 7. März 2013, 12:34

Wohl dem, der beide Möglichkeiten hat.
Freistellen mit großer Öffnung und großem Sensor, als auch extreme Schärfentiefe z.B. mit den FZ's.
Hat doch beides seine Berechtigung und macht Sinn.
Gruß Binärius aka Jens

Lumix FZ38 || Lumix G81 || Lumix G Vario 12-32mm || Lumix G Vario 45-150mm || Sigma 2.8/30/60mm ||
Kamlan 1.1/50mm MK2 || Olympus 8.0/9mm || Novflexar 5.6/400mm || Raynox-DCR 150/250

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KPH
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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von KPH » Donnerstag 7. März 2013, 12:50

Hallo Papillon,

das hin und her Springen bei Fernsefilmen z.B. eine Person vorn und eine etwas dahinter und der Schärfepunkt springt dauernd von einer Person zur anderen nervt mich auch .

Diese Spielerei ist halt modern und wird meiner Meinung nach übertrieben angewand.

Dies hat auch nichts mit Freistellung vom störenden Hintergrund zu tun.
Gruß aus Schleswig-Holstein
Peter

VideoKameras SD100,TMC350 Fotokameras GH5,GM5-K Objektive 15 1,7, 45 2,8 Zoom 7-14,12-35,45-175,100-300,Leica 12-60
Neu dazu das 14/140 3.5

Papillon
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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Papillon » Donnerstag 7. März 2013, 13:10

Jetzt weiß ich auch, warum mich die häufige Freistellung bei dem schlechten Hollywood-Film gstört hat. Die Freistellung weicht genau wie Zoomfahrten von den menschlichen Sehgewohnheiten ab. Wenn mich eine Person oder Sache interessiert nehme ich den Hintergrund einfach nicht wahr, er wird nicht unscharf. Wenn mich also die Sprache und die Ausdruckskraft des Schauspielers, wie z.B. bei dem oskarpremierten Film Liebe fesselt, nehme ich den Hintergrund nicht bewußt wahr, egal ob dieser scharf oder unscharf dargestellt wird. Der schlechte Schauspieler im seichten Film braucht wahrscheinlich die Freistellung, um überhaupt wahrgenommen zu werden.

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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Andreas 1 » Donnerstag 7. März 2013, 14:23

In Kokowääh 2 gibt es keine Szene, in welcher alles scharf ist. Mir gefällt es überhaupt nicht

http://www.trailerseite.de/film/13/koko ... 25684.html" onclick="window.open(this.href);return false;
GH2, GF3, GH3, GX 8, 7-14 mm, 20 mm, x 14-42 mm, Fisheye Pana, Pana 12-35 mm 2,8, A7II

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Fotolicht
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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Fotolicht » Donnerstag 7. März 2013, 20:46

Andreas 1 hat geschrieben:In Kokowääh 2 gibt es keine Szene, in welcher alles scharf ist. Mir gefällt es überhaupt nicht

http://www.trailerseite.de/film/13/koko ... 25684.html" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;
Interessant.

Ich habe vor einigen Tagen zufällig den Film mit meiner Tochter gesehen und ich kann mich ehrlich gesagt nicht an viele Szenen erinnern, in denen die Unschärfe übertrieben eingesetzt wird. Könnte aber auch daran liegen, dass ich mich daran schon gewöhnt habe. *g*
Lumix DMC-G3
Lumix G Vario 14-42 mm F 3,5-5,6 ASPH. O.I.S.
LUMIX G 20 mm / F1.7 ASPH.

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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von jackyo » Donnerstag 7. März 2013, 21:32

Papillon hat geschrieben: Da wird eine versteinerte Koralle in den Sand gesteckt und und aus kurzer Entfernung fotographiert (Strand und Meer unscharf, Bildaussage Null)
Ok, denn Blende 22 falls es die Kamera hergibt und 14 mm Brennweite. Alles von vorne bis hinten scharf und super Bildaussage!
Oder habe ich da jetzt ewas phalsh verstanden?...

Grüsse
Jackyo
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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von mikesch0815 » Donnerstag 7. März 2013, 23:13

Freistellung ist doch nur ein Kunstgriff, weil der Hintergrund einfach scheiße aussieht! :lol:

so isses
Maico
S1RII, GX8, EM-10II(IRmod) und viel Glas - also viel Spaß!

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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Papillon » Freitag 8. März 2013, 07:55

Versteinerte Korallen wachsen nicht wie Blumen am Strand. Das Motiv ist also unsinnig. Wenn ich nur die Koralle darstellen will lege ich sie besser auf ein farbiges Tuch. Das oben genannte Bild wird weder der Koralle noch dem Strand gerecht. Die einzige Aussage ist: Schaut doch mal ich kann mit meiner Kamera auch freistellen. Als Testfoto würde ich die Aufnahme daher durchgehen lassen.

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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Binärius » Freitag 8. März 2013, 08:14

Die Koralle kommt aus dem Meer, warum sie also nicht so in Szene setzen?
Ist doch alles Geschmacksache.
Gruß Binärius aka Jens

Lumix FZ38 || Lumix G81 || Lumix G Vario 12-32mm || Lumix G Vario 45-150mm || Sigma 2.8/30/60mm ||
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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Papillon » Freitag 8. März 2013, 08:22

Es gibt ja auch Leute die ein abgefallenes buntes Blatt mit einer Nadel an einem Baumstamm befestigen, um es zu fotografieren, denn das Blatt kommt ja von einem Baum. Das ganze sieht aber genau so unnatürlich aus.

Torsten68
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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Torsten68 » Freitag 8. März 2013, 08:32

Papillon hat geschrieben:Die einzige Aussage ist: Schaut doch mal ich kann mit meiner Kamera auch freistellen.
Und bei Bildern, bei denen nichts freigestellt ist, lautet die einzige Aussage: Schaut doch mal, ich kann mit meiner Kamera auch scharf stellen. :?
OM-D E-M1 Mark II| M.ZUIKO 7-14 f/2.8 | M.ZUIKO ED 12-40mm f/2.8 | M.ZUIKO ED 40-150mm f/2.8 | M.ZUIKO ED 12-100mm f/4 | Lumix 100-400 f/4-6.3 | Laowa 7.5 f/2.0

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Re: Künstlerische Freistellung

Beitrag von Papillon » Freitag 8. März 2013, 08:54

Wenn das scharfe Bild genau so schlecht ist stimmt das !
Wir weichen aber im Moment vom Thema ab und verlieren uns in einer Diskussion über ein schlechtes Bild und wohl auch
ungeeignetes Beispiel. Es geht doch darum , dass das Stilmittel der Freistellung in letzter Zeit übertrieben angewandt und dadurch entwertet wird. Insbesondere bei Filmen stört es meistens.

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